Stadtgeflüster Nr. 3

Der Mensch als Teil davon!

Seit 1970 hat sich die bebaute Fläche schweizweit fast verdoppelt. Dadurch gehen immer mehr Lebensräume für Tiere und Pflanzen verloren. Was bedeutet das für uns? Wie wichtig die Biodiversität auf Grünflächen im Siedlungsraum ist – und wie fest wir Teil davon sind – weiss Toni Bürgin, Direktor des Naturmuseums. Wir haben mit dem Biologen über die geplanten Naturförderprojekte auf dem «Areal Bach» gesprochen.

Was halten Sie vom Vorstoss der Zwischennutzung auf dem «Areal Bach»?

Zwischennutzungen wie das Projekt «Areal Bach» können die Zahl der naturnahen innerstädtischen Grünflächen erhöhen und zu einer besseren Vernetzung zwischen bereits bestehenden Anlagen führen. Damit wird, wenn zwar auch nur temporär, die Biodiversität in der Stadt erhöht.

 

Wie steht es denn generell um die Grün- und Freiflächen im Stadtraum St. Gallen – was ist Ihre Einschätzung?

St. Gallen bezeichnet sich gerne als Stadt im grünen Ring und verfügt über eine relativ grosse Zahl an innerstädtischen Grün- und Freiflächen. Aus meiner subjektiven Wahrnehmung sind bereits einige davon naturnah gestaltet. Es besteht aber sicher noch ein Erweiterungs- und Aufwertungspotential.

 

Das Naturmuseum erfüllt für den Kanton St. Gallen einen Leistungsauftrag rund um das Thema «Biodiversität im Siedlungsbereich». Wie sieht dieser genau aus?

Mit dem Leistungsauftrag «Biodiversität im Siedlungsraum» stellt das Naturmuseum vertiefte und weiterführende Informationen zu diesem Thema bereit. Es beantwortet entsprechende Anfragen und vermittelt Kontakte zu Fachpersonen. Auf seiner Webseite präsentiert es Veranstaltungen zum Thema, gibt praxisnahe Tipps und zeigt besonders eindrückliche Umsetzungsbeispiele.

 

Wo sehen Sie denn die Potenziale der Zwischennutzung auf dem «Areal Bach»?

Das Areal Bach befindet sich an einer interessanten Lage. Einkaufszentrum und Bahnhof sind Publikumsmagnete und sorgen für eine hohe Personenfrequenz. Das Areal ist mit dem öffentlichen Bus gut erschlossen. Der Ort eignet sich ideal, die Entwicklungsschritte von einer Industriebrache zu einem vielfältigen Lebensraum aufzuzeigen und mitzuverfolgen. Als Anschauungsbeispiel kann es gut durch Führungen bekannt gemacht werden.

 

Wie wichtig sind solche zeitbegrenzte Interventionen?

Auch wenn es sich beim Projekt «Areal Bach» um eine zeitlich begrenzte Aufwertung handelt, kann es doch das Verständnis für mehr Artenvielfalt im Siedlungsraum massgeblich fördern und zur Nachahmung im eigenen Garten anregen. Dies ist gerade in Zeiten eines massiven Artenschwundes und eines zunehmend heisseren Stadtklimas wichtig.

 

Was wünschen Sie sich für St. Gallen in Zukunft?

Aus meiner Sicht sollten die um die Stadt liegenden Naturräume innerstädtisch durch weitere Grünflächen und Anlagen ergänzt werden, sodass zum grünen Ring viele grüne Farbtupfer kommen. Dadurch kann auch die städtische Bevölkerung Artenvielfalt vor der Haustüre erleben und so die Kluft zwischen grauer Siedlungsmasse und grüner Natur überbrücken helfen.




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Zur Person 

Dr. Toni Bürgin ist seit 1996 Direktor des Naturmuseums St. Gallen, das viel Wissenswertes rund um die Natur zeigt und sich stark mit der Thematik «Biodiversität im Siedlungsraum» beschäftigt. Der Biologe ist Präsident der St. Gallischen Naturwissenschaftlichen Gesellschaft und Mitglied der Wildparkgesellschaft Peter und Paul.